Jede gute Geschichte
braucht ein Ende. Zwar habe ich länger überlegt, ob ich einen dritten Beitrag
über meinen Weg zum Visum veröffentlichen soll – aber sonst wären die ersten
beiden ja irgendwie unvollendet.
Kopfkino ist eine sehr
unterhaltsame Sache. Meist schwer zu kontrollieren, aber leicht vorherzusehen.
Wenn man über Stunden und Tage diverse Formulare ausfüllt und E-Mails schreibt
und Infoblätter liest, dann malt man sich automatisch den Tag aus, auf den alles
zuläuft. Den Tag, an dem man den Termin im amerikanischen Konsulat hat.
Und trotz aller Berichte,
dort sei alles gar nicht so schlimm wie erwartet; trotz aller Zusicherungen,
dort gehe alles problemlos von statten und man müsse sich keinerlei Gedanken
machen: Das Kopfkino spielt im CIA-Hauptquartier. Man wird ausgequetscht über
Herkunft und über jede kleinste Unklarheit in den Dutzenden an Formularen, die
man übergeben hat. Das alles von einem ehemaligen Army-Offizier, voller
Autorität und Aggression. Auf Herz und Nieren wird man geprüft – und mit einem
gleich die gesamte Ahnenreihe.
Doch bevor ich meiner
Phantasie besseres beweisen konnte, musste ich mich erstmal auf den Termin
vorbereiten. Einiges habe ich nachzuweisen – wie mir die amerikanische Botschaft
mitteilte. So beispielsweise einen festen Wohnsitz, ausreichende finanzielle
Ressourcen und meinen Studienplatz. Für letzteren wird ein Brief von der Uni
empfohlen, sowie ein Nachweis bisheriger Noten. Dazu darf ich das Gebäude nur
mit Termin betreten, werde ähnlich kontrolliert wie am Flughafen und das
Mitbringen großer Taschen sowie sämtlicher elektronischer Geräte ist nicht
gestattet. Im Übrigen mit dem Hinweis, dass es auch keine Möglichkeit gibt
seine verbotenen Habseligkeiten einzuschließen – soll heißen: Wer aus Versehen
sein Handy einsteckt hat es wohl für lange Zeit das letzte Mal gesehen.
Nachdem ich in den zwei
Wochen bis zu dem Termin alles zusammengesucht und alle anderen bisher
ausgefüllten und/ oder benötigten Dokumente in eine Mappe gepackt hatte konnte
es also losgehen. Auf ging es zum Termin. Gleich würde sich zeigen, wer
richtiger lag: Meine Fantasie oder die Beteuerungen es sei alles sehr harmlos.
Ich persönlich hatte
mein Gespräch im Generalkonsulat in München. Es war kalt, windig und es hat
geschneit. Vor dem Konsulat standen einige Leute. Schnell hab ich direkt vor
Ihnen ein Schild gesehen, dass darum bat, vor ihm zu warten. Wohlgemerkt – das
war alles VOR dem Konsulat.
Nach Schnee und Sturm
ohne Kopfbedeckung durfte ich dann irgendwann die Sicherheitskontrolle
passieren und das Konsulat betreten. Ich checkte ein, gab meine Dokumente einer
Dame die sie ordnete und wurde damit zu einem Schalter geschickt. An diesem
brüllte gerade ein Mann mittleren Alters in ständigem Wechsel zwischen Deutsch
und Englisch eine Person an, wie sie es denn wagen könne „damit hier
anzutanzen“. Also doch das CIA-Verhör. Vielleicht hatten sich alle bisherigen
Antragssteller verpflichten müssen, die Geschehnisse herunter zu spielen, damit
es neue Interessenten unvorbereitet traf?
Doch nachdem ich alles
abgegeben und meine Fingerabdrücke eingescannt hatte musste ich zwar immer mal
wieder zu einem Schalter, doch angeschrien wurde ich nicht. Auch nicht
ausgequetscht. Eigentlich wurde ich nichts gefragt, außer ob ich denn hier oder
in den USA meine Bachelor-Arbeit schreiben würde. Und mir wurde zu meinem Pulli
gratuliert, der einem Mitarbeiter des Konsulats zu gefallen schien. Dann: „Ok. Your Visa is approved.
Have a great day.“
Keinen einzigen
Nachweis musste ich erbringen, es wurden keine Fragen über meine Ahnen gestellt
und wenn man die Wartezeit außen vor lässt hat das Ganze vielleicht zehn
Minuten gedauert. Das Visum sei dann in circa einer Woche in meinem
Briefkasten. Sogar das lief besser als erwartet: Zwei Tage später war es da.
Mein Kopfkino wurde
belehrt, dass es falsch lag. Doch wie es nunmal ist in Hollywood: Die Realität
interessiert nur selten und ist bestenfalls Beiwerk. Mein Kopfkino wird schon
bald wieder mit dem nächsten Blockbuster um die Ecke kommen.
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